Adrian Wüthrich: «Wir verkaufen die Schweiz zu billig», Feusi Fédéral, Ep. 117

Shownotes

Die SP hat im Wahlkampf auf das Thema Kaufkraft gesetzt und dabei insbesondere Preissteigerungen bei Miete, Krankenkassenprämien, Heizung und Strom angeprangert. Doch sind die Preissteigerungen in diesen Bereichen nicht die Folge linker Politik?

Adrian Wüthrich sieht das entschieden anders: «Viele Leute haben ein Problem. Es droht ein viertes Mal ein Reallohnverlust.» Der Wirtschaft gehe es gut, deshalb müssten jetzt die Löhne erhöht werden. «Das kann nicht sein.» Letztes Jahr hätten die Aktionäre so viel Dividenden erhalten wie noch nie. Eine Lohn-Preis-Spirale drohe nicht. Es gehe nur darum Reallohnverluste zu verhindern.

Offen für Atomkraft
Für Wüthrich sind die Energiepreise nicht wegen der Energiestrategie, sondern wegen des Krieges in der Ukraine und dem Strommarktdesign an den Strombörsen gestiegen. Ein Atomkraftwerk baue im Moment sowieso niemand, sagt Wüthrich. Doch er ist offen für AKWs: «Ich sage nicht, dass Atomkraft in Zukunft nicht möglich sein soll.» Es sei aber zu früh, die Energiestrategie als gescheitert zu bezeichnen.

Müssten die Gewerkschaften nicht wirtschaftsfreundlicher sein, damit es in der Volkswirtschaft Schweiz mehr zu verteilen gäbe? «Schön wäre das, am Schluss landet das Geld in den Säcken der Aktionären.»

«Wir verkaufen die Schweiz zu billig», findet Wüthrich. Der Grund seien «Dumping-Steuersätze». Wüthrich verlangt, dass die Unternehmenssteuern «leicht erhöht» werden. «Dann könnten wir allen anderen eine bessere Lebensqualität ermöglichen und die Infrastruktur ausbauen.» Die Schweiz wäre dann immer noch nicht unattraktiv. Diese Politik der tiefen Steuern sei auch für die Zuwanderung verantwortlich.

«Die Arbeitgeber machen Blockadepolitik»
Wüthrichs Verband Travail Suisse fordert für eine Einigung mit der EU, dass der Lohnschutz vom Nachvollzug von EU-Recht und vom Streitbeilegungsmechanismus mit dem Gerichtshof der EU ausgenommen wird. Weshalb blockieren die Gewerkschaften eine Einigung mit der EU?

«Es ist die Arbeitgeberseite, die eine Blockadepolitik macht», findet Wüthrich. Seit 2018 hätten sich die Arbeitgeber geweigert, im Lohnschutz den Gewerkschaften entgegenkommen. Der Lohnschutz dürfe nicht angetastet werden. EU-Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič habe eine «Non-Regression-Klausel» angeboten, also eine Regel, dass der Lohnschutz in der Schweiz nicht verschlechtert werde. Allerdings gebe es dazu nichts Schriftliches der EU. «Šefčovič hat verstanden, dass der Nachvollzug und der Gerichtshof der EU ein Problem darstellen, weil wir nicht wissen, wohin die Entwicklung in der EU geht.» Es brauche einen Schutz des Lohnniveaus in der Schweiz.

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