Thierry Burkart: «Wenn man Kante zeigt, gibt es Gegenwind», Feusi Fédéral, Ep. 40

Shownotes

Mehrere wichtige Personalentscheide hat er schon gefällt, jetzt ein «spektakulärer Kurswechsel» (Tamedia) in der Energiepolitik mit dem Antrag, das Verbot von Rahmenbewilligungen für Atomkraftwerke aus dem Energiegesetz zu streichen. Ist Thierry Burkart daran, die FDP völlig umzukrempeln?

Keine Technologie ausschliessen Der Aargauer Ständerat sieht das nicht so. Im neuen Energie-Papier für die Delegiertenversammlung gehe es darum, die Versorgung mit Strom sicherzustellen. Gleichzeitig müsse der Strom weiterhin möglichst CO₂-neutral produziert werden. «Dazu gibt es viele verschiedene Massnahmen im Papier, der Vorschlag, das Technologieverbot aufzuheben kam dann noch hinzu.» Der Bau eines Atomkraftwerkes sei aktuell gar kein Thema. «Aber aus liberaler Sicht sollte man nicht eine Technologie ausschliessen, weil man nicht weiss, was für Entwicklungen es dort gibt», findet Burkart. «Einfach die Augen verschliessen, wie das die Linke – Grüne, SP und Grünliberale – tun, und die Stromlücke, die bleibt, dann einfach mit Verzicht zu lösen, das geht nicht.»

«Wir brauchen eine Lösung für eine allfällige Lücke.» Für Burkart ist das der Ausbau der Erneuerbaren, und wenn es nicht anders geht, auch der Bau von Gaskraftwerken, deren CO2-Ausstoss allerdings kompensiert werden müsse.

«Nicht zu den anderen schielen» Ist das nicht eine Kehrtwende zu 2017, als die FDP die Energiestrategie unterstützte? Thierry Burkart verweist auf den knappen Entscheid von damals. Es sei klar, dass diese Fragen in der FDP wieder diskutiert würden. Befürchtet er nicht, deswegen Wähler an die Grünliberalen zu verlieren? «Wir legen unsere Positionen aufgrund der eigenen Überzeugungen fest und nicht indem wir zu den anderen schielen», sagt Burkart, «das führt nicht zum Erfolg, man muss eine eigene Identität haben.»

Gleichzeitig arbeitet die FDP an einem Papier über ein anderes in der Partei umstrittenes Thema: Europa. Die Weiterentwicklung der Beziehungen zur EU seien allerdings nicht spektakulär, sagt Burkart. «Es geht nicht um einen EU-Beitritt oder einen EWR-Beitritt, sondern um pragmatische Vorschläge, sodass wir möglichst grosse Souveränität haben, aber auch einen möglichst guten Marktzugang.»

«Wir müssen der EU nicht alles geben» Die Schweiz müsse eine Position erarbeiten und könne dann wieder verhandeln. «Wir werden von der EU in Verhandlungen nicht alles bekommen, aber wir müssen auch nicht alles geben» findet Burkart. «Wenn man nur das macht, was die EU will, dann müssen wir gar nicht mehr verhandeln.»

Burkart ist für einen sektoriellen Ansatz, der jedes Abkommen separat betrachtet. Bei der Personenfreizügigkeit gebe es Themen, wo eine Dynamisierung nicht mehrheitsfähig sei. «In der Europapolitik werden wir nie einen grossen Wurf haben, sondern es wird immer pragmatisch vorwärtsgehen, genauso wie nach dem EWR-Nein.» Burkart glaubt nicht, dass es innert Monaten oder nächstes Jahr eine Lösung geben werden. Ganz ignorieren könne die Schweiz die EU nicht, «aber wir müssen eine Lösung finden, die in unserem Interesse ist.»

FDP muss Opposition lernen Wie beurteilt Burkart die Position der FDP in den meist links-grünen Städten? Allmählich übertreibe es die Linke schon, findet er. Der Mittelstand merke, dass die Politik von links sehr ideologisch werde. Es gehe Richtung Umerziehungsstaat mit massiven Eingriffen in die Freiheit der Menschen. «Das Pendel wird umschlagen», ist Burkart überzeugt. Die FDP müsse jedoch mehr Opposition lernen, sie müsse kämpfen und in den Gegenwind stehen. «Aber wir bieten auch Hand zu Lösungen und Kompromissen, weil wir den Staat mitgestalten wollen» räumt Burkart ein. «Wir müssen mehr Kante zeigen, dafür bin ich angetreten, dann gibt es auch Gegenwind.»

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