Michael Hermann: «Es ist wahrscheinlich, dass die Grünen 2023 verlieren», Feusi Fédéral, Ep. 52

Shownotes

Für Michael Hermann ist die grüne Welle von 2019 vorbei, obwohl die Grünen in den Kantonen weiterhin Wahlen gewinnen. «Die Grünen haben in kaum einem Kanton gleich viel hinzugewonnen wie bei den nationalen Wahlen.» Es werde schwierig zu wiederholen, was 2019 gelang. «Ich kann mir fast nicht vorstellen, wie sie im Jahr 2023 wieder auf das Level kommen wollen. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass sie eher verlieren.» Klima sei zwar immer noch ein Thema, aber er sehe keine Dynamik wie 2019.

Für die SP hat sich in den letzten kantonalen Wahlen eine Negativspirale entwickelt. «Es gibt einen Trend nach unten und es ist nicht auszuschliessen, dass sie noch mehr verlieren», findet Hermann. «Für die Grünen ist es fast normal, wenn sie 2023 verlieren, für die SP wäre das aber bitter.»

Er fände es nicht unrealistisch, wenn das rot-grüne Lager 2023 kleiner wird. Der Linksrutsch von 2019 sei auch eine Reaktion auf den Rechtsrutsch von 2015 gewesen. «2023 könnte es wieder eine Korrektur geben.»

SP ist «leninistische Kaderpartei» Gewisse SP-Positionen seien zwar Mainstream geworden, aber nicht ein gelebter Sozialismus, nicht die Art der SP zu politisieren, nicht das Klassenkämpferische. «Die SP ist eine «leninistische» Kaderpartei geworden, das entspricht nicht dem Lebensgefühl, das wir haben.»

Die SVP hat 2019 deutlich Wähleranteile verloren. Für die Partei war 2015 das beste Jahr, weil die Zuwanderung den Wahlkampf dominierte. Seit 2015 sei das Thema Migration nahezu verschwunden. «So wie Klima 2019 in die Mitte ausgestrahlt hat, hat Zuwanderung nicht mehr ausgestrahlt», sagt Hermann. Der Partei sei es bis jetzt nicht gelungen, ein genauso gutes Thema zu finden. «Bei der Ukraine ist jetzt das Problem, dass die Basis gespalten ist.» Die Partei habe aber 2019 so viel verloren, dass sie 2023, auch wenn sie nur mittelmässig unterwegs sei, nicht mehr verliere.

«Comeback der FDP» Auf der bürgerlichen Seite könnte die FDP ein Comeback haben. Der Freisinn sei dann am stärksten, wenn er sich rechts der Mitte positioniere. Damit habe die Partei 2015 Erfolg gehabt. 2019 war die Partei über den Kurswechsel in der Klimapolitik gespalten. «Der Schwenk unter Petra Gössi hat nicht funktioniert», findet Michael Hermann. Der neue Präsident Thierry Burkart sei der glaubwürdige Vertreter der Partei. «Rechts der Mitte hat es durchaus Platz für eine zweite Partei.»

Der CVP sei es mit der Fusion mit der BDP gelungen, aus dem katholischen Milieu auszubrechen. Ob sie mit dem neuen Namen auch neue Milieus erobern könne, sei offen. Und die Grünliberalen? Es werde nicht einfach, 2023 das gleiche Niveau wie 2019 zu erreichen. Die Grünliberalen seien erfolgreich in kleinen Städten und in der Agglomeration, oft auf Kosten von links-grün. Hermann warnt davor, dass die Partei zur «urbanen Hippsterpartei» werden könnte, der dann nicht mehr gelingen würde.

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