Olivier Kessler: «Wir müssen den Verstand einschalten», Feusi Fédéral, Ep. 80

Shownotes

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Für Olivier Kessler stellt sich nach der Pandemie die Frage, wie Politik und Wissenschaft sich zueinander verhalten. Er hat zusammen mit Peter Ruch ein Buch zum Thema herausgegeben. Kessler fragt: «Kann uns die Wissenschaft zu einer Wahrheit führen, die man dann nicht hinterfragen darf, oder ist Wissenschaft nicht viel eher ein Prozess, bei dem man sich immer auf dem Weg befindet?

Es gebe die Sehnsucht nach einem Organ, dem man blind vertrauen könne, nach einem Wahrheitsministerium, das sagt, was man zu machen habe. «Dann muss man nicht die anstrengende Arbeit machen und den eigenen Verstand einzuschalten.» Doch genau dies sei nötig.  

Kessler unterscheidet erfahrungsunabhängige Wissenschaften, die man nicht testen muss. Erfahrungsabhängige Wissenschaften lassen sich in harte und weiche Wissenschaften unterteilen. Erstere lassen sich testen und im Experiment überprüfen und nachvollziehen. Bei weichen Wissenschaften geht das nicht, weil Fragen oft zu komplex und Einflüsse zu vielfältig sind. Dementsprechend ist mit ihren Erkenntnissen umzugehen. Olivier Kessler erinnert an den Klimawandel oder ökonomische Vorhersagen.  

«Die Politik fordert klare Antworten, sie holt oft Experten, die ein subjektives Element einbringen und dann daraus politische Forderungen ableiten», findet Kessler. Das Buch will aufzeigen, was der wahre Wert der Wissenschaft sein soll: eine skeptische Methode, deren Erkenntnisse immer hinterfragt werden. «Heute formuliert man oft Dogmen, die dann nicht hinterfragt werden dürfen, ohne dass man als «Leugner» abgestempelt wird», sagt Kessler.

«Wenn man Erkenntnisse nicht testen darf, dann sind es nur Glaubenssätze.»  Wissenschaft müsse sich bewusst sein, dass sie sich auch irren kann. Kessler bleibt aber auf lange Sicht optimistisch. «Der Geist der Aufklärung ist aus der Flasche, den kann man nicht zurückstopfen.» Man dürfe der Wissenschaft nicht glauben, fordert Kessler, man müsse sie hinterfragen. «Menschen sind aufgefordert, ihren eigenen Verstand zu nützen.» 

Die Wissenschaft könne zwar etwas feststellen, aber sie könne nicht der Gesellschaft Vorschriften machen. «Das sind normative Fragen». Diese müssten politisch beantwortet werden. Die Pandemie habe gezeigt: «In einer Technokratie kommen die Menschenrechte unter Druck.»

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